Life Magazin und Karina Wagner

Luxus und Löskaffee

Endlich nicht mehr die ewig gleichen Gerichte selber kochen sondern sich vom Haubenkoch verwöhnen lassen? Das Hotel Bergergut im oberösterreichischen Mühlviertel öffnet zwar nicht seine Pforten, aber seinen Parkplatz.

Life Magazin und Karina Wagner
© Karina Wagner

Kochvideos auf YouTube, Reisedokus auf Arte. Mehr ist derzeit nicht drin, um sich das das Warten auf Reisen und Fein-Essen-Gehen zu verkürzen. Oder doch? Das Genießer Hotel Bergergut in Afiesl hat sich für Pandemiefrustrierte etwas Besonderes einfallen lassen. Noch bis Ende April öffnen Gastgeberin Eva-Maria Pürmayer und ihr Partner, der Koch Thomas Hofer von Donnerstag bis Sonntag ihren Parkplatz für Camper und verwöhnen diese mit traumhafter Hauben Küche.

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© Karina Wagner

Die Romantiksuite mit offenem Kamin und freistehender Badewanne ist das nicht, aber es ist ein Anfang. Und 5m2 in einem umgebauten VW Bus können ja durchaus auch sehr romantisch sein. Noch dazu, wenn man Gaskocher und Löskaffee nicht bemühen muss. Morgens zwischen 8.00 und 10.00 klopft es an die Wohnwagentür und serviert wird ein Genießer Frühstück mit den besten Leckereien aus der Gegend und herrlich knusprigem, selbst gebackenem Brot. Und bald ist es warm genug, um die Campingsessel auszuklappen und das Frühstücksei mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf der Nase zu köpfen.

Das Brot bäckt Thomas selbst, im eigenen Brotbackhaus, das er während dem ersten Lockdown im Garten zwischen Lavendelbüschen, Rosen und Naturschwimmteich gebaut hat. Seine naturbelassenen Sauerteigbrote kommen aus dem Holzofen, das braucht viel Gefühl, Erfahrung und Zeit. „Fast 70 Stunden braucht mein Lieblingsbrot  vom ersten Vorteig bis zum Reinbeißen.“ Die Scheite kommen aus dem eigenen Wald, der Roggen wächst auf den umliegenden Feldern. Mittlerweile kommt Thomas Hofer mit dem Backen kaum mehr nach, so groß ist die Nachfrage. Bis zu vierzehn Sorten sind es in manchen Wochen, knusprige Bauernlaibe duften dann mit Mohnflesserl und Baguette um die Wette. Im normalen Hotelbetrieb knetet Thomas bis zu 100 Kilo Teig pro Woche. „Das Brot ist ein herrlich einfaches Produkt. Wasser, Mehl, Salz und Feuer, sonst nichts.“ Gern gibt er sein Wissen weiter. In Workshops kann man ihm über die

Schulter schauen, selbst Hand anlegen und vom Vorteig ansetzen bis zum Butter draufschmieren dabei sein.

© Hotel Bergergut

Endlich Tapetenwechsel! Es warten Tage weit entfernt von den eigenen vier Wänden. Und langweilig wird einem hier bestimmt nicht. Viel Landschaft, wenig Menschen, das ist das Mühlviertel. Wanderwege in allen Schwierigkeits- und Motivationsgraden warten rund um das Hotel, das in Nicht-Pandemiezeiten ein Adults-Only-Rückzugsort mit Pool und tollem Spa-Bereich ist. Jetzt ist die wilde Natur unser Wellnessbereich. Ob man eher zu den Terpene-Waldbadern gehört oder zu den Frühlingskräutersammlern, ob man die Grantifelsen-Kraftplätze besucht oder barfuß über feuchtes Moos oder durch die eiskalte Mühl kneippt, wer ein wenig Phantasie mitbringt findet hier bestimmt sein Chi oder Mantra oder auch schlichter: seine Mitte. 

Wer nicht ganz so aufgeschlossen ist beim Entschleunigen, der beschleunigt und strampelt mit dem Fahrrad über die grünen Hügel. Für jene, denen der Frust- und Weihnachtsspeck auf den Hüften egal ist, gibt es E-Bikes, die einem bergauf unter die nicht ganz so strammen Wadeln greifen. Und wer auf Vogelgezwitscher und Waldesrauschen ohnehin nicht abfährt, fährt vielleicht lieber auf einer Vespa oder Harley ab, die man im Bergergut ausleihen kann.

Life Magazin und Karina Wagner
© Karina Wagner
Life Magazin und Karina Wagner
© Berggut

Nach einem – je nach Wunsch aufregendem oder anregendem oder abregendem Tag – wartet dann die eigentliche kulinarische Offenbarung. 2-Haubenkoch Thomas Hofer kredenzt ein Abendmenü in 4-Gängen, das keine Wünsche offen lässt. Nach einem halben Jahr Gastro-Abstinenz verdrückt man heimlich eine Glücksträne im Augenwinkel bei seinen kulinarischen Kreationen. Dort, wo normalerweise Spaghetti mit Fertig-Sugo und Dosensuppen verblassen, strahlen jetzt zartrosa Lammkeulen, Bärlauchschaumsuppe und Pastinaken-Zitrustascherl. 

Frisches Grün pflückt Thomas im selbst angelegten Gemüse- und Kräutergarten

Und weil man ja auch nicht mehr fahren muss, sondern schon dort isst, wo man wenig später auch gleich satt und glücklich und beschwipst umfallen kann, genießt man am besten zu jedem Gang noch den passenden Wein oder das passende Bierchen.


Bier ist nicht gleich Bier

Denn Bier hat hier eine lange, traditionsreiche Geschichte. Das Mühlviertel gehört zu den größten und qualitätsvollsten Hopfen-Lieferanten im deutschsprachigen Raum. Mit den Nachbarländern Südböhmen und Niederbayern ist es ein Schlaraffenland für Biertrinker: die Dreiländer Bierwelt-Region. Eine Landkarte dieser Hopfensaftsehnsuchtswelt bekommt man an der Rezeption. Irgendwann wird man ja vielleicht wieder über die Grenze dürfen und solange man es nicht darf, kann man mit Svihak, Chimay Rouge, La Chouffe oder Cortigiana im Glas in die Ferne schweifen.

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© Karina Wagner

Auch im Bergergut wird in dritter Generation selbst gebraut. Glüxx nennt sich das selbstgebraute „Ladys‘ Beer“, das sich von nicht-ladylikem Bier nur dadurch zu unterscheiden scheint, dass es nur in 0,3l erhältlich ist. Aber ja, glücklich macht es jedenfalls, sollen die Jungs ruhig weiterhin in ihre Humpen weinen. Auf der Bierkarte stehen 35 regionale, nationale und internationale Biere. Traditionellen Pils-, Märzen- und Weißbiere genauso wie Stouts, Pale Ales und Lambiks. Für alle, die keinen Schimmer haben, worin sich die unterscheiden, finden in der unweit eröffneten Brau Boutique regelmäßig Workshops, Verkostungen und Seminare statt. Na dann Prost!

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