Zu faul zu kochen, Essen wird geliefert

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Wir leben in einer merkwürdigen Zeit und wollen nicht mehr kochen

Geld wird für vieles ausgegeben. Wichtig für uns ist das Auto; es wird geliebt, betankt, gepflegt und poliert. Und wehe, ein kleiner Kratzer ist auf der Karre – dann sehen Menschen rot und vergessen sich verzweifelt. Anders sieht es mit Lebensmitteln aus. Fleisch soll gefälligst sehr billig sein, Obst und Gemüse natürlich auch. Wie das entnommene Fleisch aus dem Kadaver des Tieres einst leben musste, ist egal, auch wenn es nicht besonders schmeckt. Quantität statt Qualität zählt; wir müssen ja alle sparen.

 

Manche machen sich nicht mehr die Mühe, selbst am Herd zu stehen und leckere Speisen zuzubereiten. Viel zu kompliziert und viel zu viel Aufwand. Früher war das angeblich besser, obwohl nicht jede Mutti Spaß daran hatte, für den hungrigen Gatten und die lieben Kleinen tagtäglich, neben ihrem Job, zu kochen. Der Familie war das wurscht und verlangte nach Suppe und Hauptspeise, wenn möglich noch ein Packelpudding nach dem Rezept von einem Doktor.

Die Mamas wurden klüger, die Lebensmittelindustrie schlauer. Ab nun wurde der Haushalt erleichtert, mit Fertiggerichten. Wozu Kartoffeln schälen, kochen, stampfen, würzen, wenn es Pürre in einem Packerl gibt, wo man nur noch warme Milch dazu gießen muss? Knacker, getrockneter Zwiebel und Petersilie aus der Tüte – voilà, das Abendmahl ist gerichtet. Mit der Zeit gewöhnt man sich an Fertiggerichte; ein paar Tropfen Maggi rundeten den Geschmack ab. Zum Muttertag gab es Geschirrspülmittel, das nicht nur Teller, Töpfe und Geschirr reinigte; Mutti bekam eine sanftweiche Haut beim lästigen Abwasch.

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Ja, der Geschmack der Jugend. Heute ist es noch leichter, sich den Magen zu füllen; ein Lieferdienst ist die perfekte Lösung. Im Nu wählt man aus dutzenden Varianten einer Pizza, einen Döner, Wiener Schnitzel von der Pute oder chinesisch – für alle ist etwas dabei. Wer jedoch glaubt, dass am Herd ein gelernter Koch steht, der seinen Beruf liebt, in allen Herrenländern sein Handwerk verfeinerte und womöglich mit französischem Akzent spricht, der irrt, und zwar gewaltig. Die Realität sieht anders aus und hat mit Kochen nichts am Hut. Speisen werden nur noch lieblos erhitzt, Käse ist kein Käse und Schinken ist irgendwas. Zutaten kommen aus der Dose; wer Glück hat, bekommt ein oder zwei Tomatenscheiben aus Züchtungen in Spanien, die schon lange nach nichts schmecken, eventuell eine Idee nach Plastik, die schon lange nach nichts schmecken, eventuell eine Idee nach Plastik. Manche Küchen werden nie geputzt, Lebensmittel lagern am Boden oder unverpackt in einer Gefriertruhe. Insekten, Mäuse oder gar Vögel sind keine Seltenheit; ihnen macht der Dreck nichts aus, sie fühlen sich wohl, auch der Schimmel an den Wänden.

Natürlich ist das alles ein wenig überspitzt, und die meisten reinigen Tag und Nacht. Ich habe Lieferdienste probiert und wurde überwiegend mit Müll beliefert. Die Speisen waren lauwarm, zu fettig und schmeckten meistens nach gar nichts. Ein Kartoffelsalat, eigentlich sehr schwierig zu machen, kam immer aus dem Plastikeimer; das schmeckt man sofort, sollte man daran Interesse haben. Die Pizzen waren durchweg labbrig. Wenn man eine „Quattro Formaggi“ bestellt, ist meistens nur ein Käse drauf, und zwar Analogkäse. Der schmilzt zwar herrlich, ist aber kein Wunder, da er aus Fett, Wasser und sonstigem Zeug besteht und noch nie einen Tropfen Milch gesehen hat.

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Es muss halt alles billig sein, doch so billig ist eine Bestellung nicht. Ein Schnitzel von der Pute kostet etwa 14 Euro, dazu kommen noch die Kosten für Salat oder Pommes. Die billigste Pizza ist ab 10 Euro zu haben, doch damit nicht genug. Um etwas „gratis“ geliefert zu bekommen, muss man mindestens um 20 Euro bestellen, wenn nicht noch mehr. Um diesen Betrag bekomme ich, wenn es schon Fleisch sein muss, ein Bioschnitzel, Salat, Obst und ein Stück guten Käse am Markt. Doch wir sind bequem geworden und verbringen lieber viele Stunden sinnlos am Handy. Es könnte ja sein, dass jemand ein Foto seiner Mittagsmahlzeit gepostet hat, und wir diese wichtige Nachricht unbedingt mit einem Smiley kommentieren müssen, da für geschriebene Worte einfach die Zeit fehlt.

 

Das meiste Geld verdienen Lieferdienste, die eine vollautomatisierte Plattform bereitstellen und Lokale, die wie Pilze aus dem Boden schießen, mit Knebelverträgen ausbeuten, angeblich „die Kosten reduzieren“ und Kleinstunternehmen steigern wollen. Natürlich bleibt die Qualität auf der Strecke, wenn von jeder Bestellung einige Euro in gierige Mäuler abwandern. Doch dafür sind sie selbst verantwortlich. Man muss nicht mit Biegen und Brechen eine kleine Küche aufbauen, um damit hungrige, geschmacksbefreite, faule Menschen zu sättigen.

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