Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn

Des Kaisers Residenz verkam zur Pestilenz

Ein Fest der Superlative: „Imperialis“ fand am 5.8. und 6.8.2021 im geschichtsträchtigen Schloss Schönbrunn in Wien statt. Die international bekannten DJs Solomun und Paul Kalkbrenner wollten alle Stückln spielen. Aber das meiste was schief gehen konnte, ging schief und das Konzert von Solomun wurde zum Albtraum. Aus Techno wurde tech - NO

Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn
© Manfred Cobyn - Noch war man zufrieden

Anfangsschwierigkeiten

Es wurde in den Medien gebeten frühzeitig anzureisen, um Massengedränge in Zeiten wie diesen zu vermeiden. Als brave und verantwortungsvolle Bürgerin hielt ich mich dran, wachelte mit meinem negativen Test vor dem Eingang, doch das interessierte niemanden. Eigentlich wollte ich mich schon vor dem Konzert mit lockeren Tanzmoves einstimmen und die „Lounge-Atmosphäre“ (laut Veranstalter-AC2B GmbH, die aber anscheinend nur den VIPs vorbehalten war) genießen. Ab und zu ertönte leise Hintergrundmusik, doch die war fast nicht wahrnehmbar. Stimmung war auch keine zu spüren, obwohl es viele internationale Besucher gab, die sich fesch gemacht hatten und anfangs mit guter Laune ankamen.

Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn
© Gala - Andrang ohne Abstand beim Eingang
Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn
© Manfred Cobyn - put your hands up

Ein "Pisschen" Spaß muss sein

Die erste Hürde war der Toilettengang. Es gab ein paar Dixie-Klos und 3 Containerwagen mit einer riesen Menschenschlange davor. Die Männer vor dem Pissoir waren klar im Vorteil. Die dreiviertel Stunde Wartezeit vertrieb ich mir mit beobachten und zuhören von Gesprächen in der Nähe. Nicht nur hinter mir wurde Unmut laut, ob der zu wenigen Notdurftstellen und des vermuteten Drogenmissbrauchs in den Wägen für „Gross und Klein“. Eigentlich war am stillen Örtchen Maskenpflicht angeordnet, doch nachzuvollziehen war das für mich nicht, da ich nie mit anderen Menschen aufs Häusl gehe. In meinem- für Laute und Leise Töne-Wagen gab es sage und schreibe ein WC, immerhin konnte man sich die Hände waschen.

Während der mit ewig vorkommenden Warterei bemerkte ich auch die wachsenden Menschenmassen vorm Geländeeingang, die WC Anlagen waren sinnigerweise direkt dahinter. Der Veranstalter versprach (laut ORF), dass er die Besucherströme so lenken würde, sodass nie zu viele Menschen auf einem Fleck sein müssten. Naja, das ist ihm eindeutig nicht gelungen.

Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn
© Gala - Notdurft konnte schon 60 Minuten in Anspruch nehmen...bis man dran war!
Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn
© Manfred Cobyn - Am Anfang wars noch lustig

Momo lässt grüßen

Da nun endlich wieder Flüssigkeit in mich reinpasste, ging ich zu den „dezentral organisierten“ Gastronomieständen. Ein kleines Bier (0,3l) kostete stolze 4 Euro. Ich fragte, ob sie nicht ein Krügerl hätten, doch die Antwort war: „Nein, wir haben nur Bier“.

Bei den wenigen Foodtrucks hieß es wieder anstellen und warten.

Langsam füllte sich der Platz vor dem Schloss und die Menschentrauben vor den Ständen wuchsen (das Konzert war fast ausverkauft, es kamen ca. 12000 Menschen. Um nicht den Anfang der Darbietung von Solomun zu verpassen, stellte ich mich bei einem Getränkeanbieter schon vorzeitig an und wartete sage und schreibe mehr als eine Stunde.

Es wurde geschubst, gedrängelt, auf Zehen gestiegen und man bekam Rucksäcke und Taschen ins Kreuz gedrückt. Als mir die Bekörperung zu viel war, bat ich um mehr Abstand. Es wurde gewitzelt: „1,5 oder 2 Meter?“. Schon wollte ich aufgeben, doch nun war ich so weit gekommen, da wirft man doch nicht die Flinte ins Korn.

Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn
© Manfred Cobyn

Solomun hatte still und heimlich angefangen, ohne die Leute zu begrüßen. Es wurde gefragt, ob jemand das Intro mitbekommen hätte, die Antwort: „Meinst du das mit den Bässen?“.

Die Lautsprecheranlage war irgendwie mickrig, aber Hauptsache die Tiere im Zoo wurden angeblich nicht gestört.

Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn
© Gala

Stimmungswechsel

Ich näherte mich langsam der Schank und bekam plötzlich die Tischplatte in meine Bauchgegend gedrückt, da die Leute sie immer weiter in den Bedienungsraum schoben.

Doch endlich gelang es mir, das flüssige Gold zu ergattern.

 

Den Pfandbecher würde ich sicher nicht zurückgegeben, da mir der Stundenlohn von einem Euro( Pfandgebühr) zu wenig ist. Ein Mitarbeiter bei der Getränkeausgabe hatte fast einen der Gäste zusammengeschlagen, als dieser eine Pizza verlangte. Die Stimmung war aggressiv und Humor ein Fremdwort.

Mein Frust nach Pipi-und Bier-Schlange war so gestiegen, dass mir nicht mehr nach Tanzen war. Die Musik war schlechter als erwartet und mir taten schon die Füße weh, da nirgends eine Sitzmöglichkeit war.

Eigentlich hatte ich noch Pressekarten für Paul Kalkbrenner am nächsten Tag, doch diese Prozedur wollte ich mir nicht mehr antun.

Manfred Cobyn, Life Magazin, Solumun, Wien Schönbrunn
© Manfred Cobyn

Fazit des Abends: Keine Veranstaltung von AC2B GmbH mehr besuchen, egal wie vielversprechend die Beschreibung des Events und der Ort „denkwürdig“ war.

Ich wollte feiern, aber war nachher nicht frei und zufrieden, sondern angespannt und frustriert. Hoffentlich nicht mit Virus inklusive. Sehr Schade.

Gala

Nachtrag  

Auch ich tat mir diesen Wahnsinn an. Es war die schlechteste Veranstaltung, die ich je besucht habe. Adam Cieplak, Geschäftsführer von “ac2b” und Veranstalter des Irrsinns hatte offenbar nur ein Ziel: schnelles Geld machen in Wien und abhauen nach Deutschland. An allem wurde gespart. Menschen mussten 60 Minuten warten, bis sie aufs Häusl durften. Für den billig- g`spritzen und andere Getränke im Plastikbecher wurde Pfand erhoben, doch kaum jemand stellte sich weitere 50 Minuten in die Warteschlange, um seinen Euro zu bekommen. Machte auch ein sattes Körberlgeld für den Veranstalter.

Es hingen Plakate der Berliner Loveparade aus den 90er Jahren herum. Offenbar schmückt er sich auch gerne mit fremden Federn, mit Love hatte der ganze Unsinn genau nix zu tun. Ich dachte, wie viele andere an Abzocke mit möglicher Corona-Infektion. Meinen Impfnachweis interessierte beim Eingang niemanden. Leider konnte ich nicht sehen wie es mit den sogenannten VIPs gehandhabt wurde. Das Wort VIP hatte aber nichts mit “sehr wichtig” zu tun, im Gegenteil. Diese Herrschaften blätterten lässig € 91,– pro Nase hin. Leider hat man aber vergessen die VIP-Lounge zu beschallen und sie hörten noch weniger Solomun als das Publikum. Doch Wodka-Orange gab es mit viel Orange und einer Idee an Wodka. Very important sein, kann auch in die Hose gehen.

Manfred Cobyn

Gregory Porter "Liquid Spirit" - recommended by Gala

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