Life Magazin, Susanne Dressler, Theater an der Wien, Tosca fordert vom Publikum einiges ab, Giacomo Puccini

Raus aus der Komfortszene

Tosca, 26. 1. 2022, Theater an der Wien

Giacomo Puccinis „Tosca“ fordert vom Publikum einiges ab – wenig ist so wie man die Oper üblicherweise kennt. Falsch? Nicht wirklich, denn die Leistung der Sänger ist tadellos.

Manche Opern zählen zur Königsdisziplin wie Mozarts „Don Giovanni“ oder Verdis „La traviata“. In dieser Liga bewegt sich auch „Tosca“ von Giacomo Puccini. Jeder, der sich minimal für klassische Musik interessiert hat wahrscheinlich bereits einen Tenor die berühmte Arie „E lucevan le stelle“ schmettern gehört oder kennt die amüsante Anekdote über eine Sängerin, die nach ihrem „Sprung“ von der Engelsburg im letzten Akt von einer bestens gefederten Matratze wieder auf die Szene geschleudert wurde.

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© Monika Rittershaus - Theater an der Wien

Kurz die „Tosca“ ist eine populäre Oper. Der Inhalt im Schnelldurchlauf: Der Maler Mario Cavaradossi und die Sängerin Floria Tosca sind ein Liebespaar. Sie verstricken sich in die mörderischen Machenschaften des römischen Polizeichefs Scarpia, der gnadenlos und genussvoll die Zukunft des Paares zerstört. Aber auch er hat einen Preis zu zahlen: Tosca ersticht ihn in höchster Not um Mario zu retten, der grausam gefoltert wird. Doch sie hat umsonst gehofft, dass ein Mann wie Scarpia seine Versprechen halten würde: Mario wird standrechtlich erschossen und sie selbst sieht nur mehr einen Ausweg im tödlichen Sprung von der Engelsburg. Begleitet wird dieser spannende Plot aus Mord, Intrige, Liebe, Eifersucht und Leidenschaft von einer üppigen Melodienwelle aus der Feder Puccinis, die teilweise wie ein gewaltiger Klang-Tsunami durch das Opernhaus braust.

Life Magazin, Susanne Dressler, Theater an der Wien, Tosca fordert vom Publikum einiges ab, Giacomo Puccini
© Monika Rittershaus - Theater an der Wien

Mit höchsten Tönen

Im Theater an der Wien bewältigen die drei Hauptprotagonisten die Anforderungen Puccinis tadellos. Kristine Opolais als Tosca setzt nicht nur ihre Stimme, sondern ihren ganzen Körper ein, um der Rolle gerecht zu werden. Der chilenische Tenor Jonathan Tetelman lässt sein schönes Timbre fließen und ist ein überzeugender Cavaradossi, der seine Tosca wahrhaft liebt und wohl von einer Zeit träumt, in der Scarpias keinen Platz finden. Gábor Bretz schlägt sich wacker als eben dieser, stimmlich sowieso, aber auch in seiner Gestaltung des sadistischen Machthabers, der keine Gnade kennt und für den Frauen nichts mehr als eine Jagdbeute sind. Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung von Marc Albrecht lässt es gelegentlich im Orchester etwas krachen beweist sich aber auch mit bezaubernden lyrischen Stellen.

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Eiskalt erwischt

Es bleibt nicht aus: Es muss auch über die Inszenierung gesprochen werden. Burgtheaterchef Martin Kušej hat sich nach einigen Jahren Pause von der Opernregie wieder ans Werk gemacht. Ein in der Winterkälte erstarrter Baum ziert die Bühne, es liegt Schnee und es schneit. Man verzichtet hier auf die drei bekannten Schauplätze der Oper – die Kirche Sant’Andrea della Valle, der Palazzo Farnese und ein Plateau auf der Engelsburg –, verbringt den verhängnisvollen Tag im Freien, friert oder sitzt vor einem Wohnwagens. Das Drama kann immer und überall passieren. So weit so gut.

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© Monika Rittershaus - Theater an der Wien

Als Zuschauer gewöhnt man sich an die winterlichen Verhältnisse, blendet zusätzliche auf der Bühne herumtappende Figuren aus und konzentriert sich auf die drei Hauptpersonen. Auch wenn einiges an dem Regiekonzept recht unausgegoren daherkommt, in puncto Personenführung ist Martin Kušej einfach meisterlich unterwegs. Jedes Streifen der Hand über ein Kinn, jedes Drehen des Messers – späteres Mordwerkzeug –, jedes Heben der Augenbraue setzt Akzente. Der stärkste Akt ist traditionsgemäß in einer „Tosca“ der zweite, der in der herben Auseinandersetzung zwischen Tosca und Scarpia gipfelt.

Life Magazin, Susanne Dressler, Theater an der Wien, Tosca fordert vom Publikum einiges ab, Giacomo Puccini

Das ist hier nicht anders. Gábor Bretz macht in einem cremeweißen Pullover und passender Hose, Marke Supermagnat, der in den Hamptons urlaubt, eine gute Figur. Auch wenn er dabei nicht durch ein Schloss marschiert, sondern sich am Kohlebecken vor einem heruntergekommenen Wohnwagen die Hände wärmt. Klar, er könnte auch der Boss einer Gang sein. Apropos Kostüme: Kristine Opolais ist, wie bereits erwähnt, auch körperlich im Einsatz. Um Scarpia zu überzeugen, dass er von seinem Opfer Mario lässt, versucht sie alles um ihn zu verführen, reißt sich das Kleid vom Leib und setzt das schwarze Korsett gekonnt ein.

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© Monika Rittershaus - Theater an der Wien

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