Ballett ist Spitzensport. Wer Menschen bei harter Arbeit, die federleicht wirkt, beobachten möchte, geht jetzt zu „Die vier Jahreszeiten“ in die Wiener Staatsoper
Viele kleine Mädchen träumen davon im rosafarbenen Tutu Pirouetten zu drehen, in kunstvoll geschnürten Schuhen auf Spitze zu stehen und antrainierte Schritte in einem Corps de Ballet auszuprobieren. Für einige wird der Traum Wirklichkeit: Nach jahrelangem beinharten Training, begleitet von Entbehrungen, fokussiert auf ein Ziel, kann sich für manche der Erfolg einstellen. Dann stehen diese Spitzensportler, denn nicht anders kann man die Ausführenden der Kunstform Ballett bezeichnen, auf einer großen Bühne und freuen sich über den jubelnden Applaus der Zuschauer. So erlebt in der Wiener Staatsoper anlässlich der Uraufführung „Die Jahreszeiten“.
Zusammen geht es besser
Oper wird als Gesamtkunstwerk bezeichnet, denn hier vereinen sich diverse Künste wie Musik, Dichtung, Tanz oder auch Malerei. Das Genre Ballett verlangt in der Regel nach Musik, damit die Tänzer und Tänzerinnen mit ihren Körpern Emotionen ausdrücken können. Der Ballettchef der Staatsoper, Martin Schläpfer, suchte sich für seine neue Choreografie Joseph Haydns „Die Jahreszeiten“ aus, ein weltliches Oratorium, das nach einem großem Symphonieorchester, einem Chor, nach Tenor, Bass und Sopran verlangt.
Ein Besetzungswunschzettel, der in einer Oper nicht schwer zu organisieren ist. Zur Verfügung stehen das Staatsopernorchester unter der Leitung des routinierten Dirigenten Adam Fischer, der stets bestens disponierte Arnold Schoenberg Chor, die glockenhelle Sopranistin Slávka Zámečníková, der zu Recht gefragte kanadische Tenor Josh Lovell und ein hochtalentierter Bass wie Martin Häßler. Aus dem Orchestergraben – auch Chor und Solisten finden hier Platz – kommen also höchst wohlklingende Töne. Die etwas langweiligen Textzeilen zu den Jahreszeiten, aus der Feder von Gottfried van Swieten, haben selbst dem Komponisten nicht besonders gefallen. Zum Glück ist der Zuschauer abgelenkt aber nur im positiven Sinn.
Und alles dreht sich
Frühling ist die erste Jahreszeit, die im Mittelpunkt des Geschehens steht. Joseph Haydn konnte anscheinend zu dieser kein ausgeprägtes emotionales Verhältnis entwickeln, denn schwerfällig rollen die Töne über das Erwachen der Natur daher. Auch auf der Bühne kommt das Stück noch nicht so recht in Schwung, auch wenn sich einfallsreiche Kostüme (Mylla Ek) und eine abwechslungsreiche Choreografie abzeichnen. Richtig in Fahrt kommen Musik und Tanz im Sommer und Herbst, um abschließend im Winter richtig zu brillieren.
Wie viele Möglichkeiten gibt es wohl in der Ballettsprache um sich zu zweit, allein, in der Truppe zu drehen, zu strecken, zu dehnen, zu springen, zu heben, auf den Boden zu werfen? Und all das mit einer Leichtigkeit, als würde nichts davon anstrengend sein, nichts deutet auf die harte Probenarbeit die hinter jeder der Sprünge, Pirouetten und Spitzentanz steckt. Fast hundert Tänzerinnen und Tänzer, davon zwölf Solisten und Solistinnen, interpretieren Haydns Musik, in großen Szenen, in Tableaus, im Pas de deux, Mann und Frau oder Mann und Mann, als Solist, mal witzig, mal ekstatisch. Ein bisschen beschwingt verlässt man das Haus am Ring vor allem aber hat man großen Respekt vor der Leistung von Balletttänzer.