„Am Ziel“ von Thomas Bernhard im Kasino am Schwarzenbergplatz kommt nicht so richtig in die Gänge, daher fehlt auch ein befriedigendes Ende.
Burgtheaterdirektor Martin Kušej steht vor der Vorstellung gemütlich vor der Bar im Kasino am Schwarzenbergplatz und trinkt ein Glas Weißwein. Das scheint schon mal ein guter Auftakt für den Theaterabend und wird gleich nachgemacht. Noch ahnt man nicht wie viel Alkohol – selbstverständlich kein echter – in den nächsten beiden Stunden auf der Bühne fließen wird und dieser Drogenangriff die Protagonisten seltsam antreibt.
Die Uraufführung des Theaterstücks „Am Ziel“ fand 1981 statt. Thomas Bernhard war enfant terrible der österreichischen Literaturszene. Sieben Jahre später sollte sein Werk „Heldenplatz“ ein heftiges Erdbeben der Empörung im Land auslösen. „Am Ziel“ ging vor 41 Jahren ohne allzu großes Getöse an den Start und wird seitdem gerne auf deutschen Bühnen gespielt. Insbesondere wenn Intendanten eine wortgewaltige Grand Dame der Schauspielkunst für die Hauptrolle besetzen kann.
Toxische Beziehung
Der Inhalt ist schnell erzählt: Mutter und Tochter pflegen eine ausgesprochen schwierige Lebensgemeinschaft, in der die Mutter gnadenlos auf den Gefühlen ihres Kindes herumtrampelt, an ihrem vor zwanzig Jahren verstorbenen Ehemann, den sie aus Geldgier geheiratet hat, kein gutes Haar lässt und ohne Scheu erzählt, dass der Tod ihres anderes Kindes nur willkommen gewesen ist.
Zur jährlichen Reise an die Nordsee lädt das seltsame Paar einen Dichter ein was die WG nur verkompliziert.
Von Thomas Bernhard ist man einen präzisen, schonungslosen Umgang mit Worten gewohnt, sie sind desmaskierend, oft sehr beleidigend und weichen keiner Konfrontation aus. „Am Ziel“ ist eher die Softvariante der üblichen Bernhardschen Texte. Ein paar Lacher sind für das Publikum drinnen, ansonsten ist nach einer Stunde die Story auserzählt.
Dörte Lyssewski, mit der Cognacflasche als ständigen Begleiter, ist dramatisch, aber nicht variantenreich. Da bietet das Mienenspiel von Maresi Riegner als Tochter schon wesentlich mehr an Abwechslung. Zwischen Fadesse, Kränkung, Verführung und Dumpfheit braucht es kaum Worte um die Rolle des ständig gedemütigten Kindes zu definieren.
Kurzer Aufschwung
Mit dem Auftritt des Dichters kommt Schwung ins Geschehen. Rainer Galke entspricht optisch nicht dem was die ganze Zeit dahergeredet wird – jung und attraktiv – er macht seine Sache aber ziemlich gut und man merkt, dass er mit den beiden Damen, die sich ziemlich politisch inkorrekt ihm gegenüber benehmen gar nichts anfangen kann. Die Frauen wissen aber auch nicht, warum sie den so gefeierten Stückeschreiber ins Haus am Meer mitgeschleppt haben.
Das Stück endet mit einem riesigen Schwall Erbrochenen auf des Dichters Hemd: Der Alkohol war doch zu viel für den Organismus der Mutter. Der Hamburger Regisseur Matthias Ripperthat mit seinen Schauspielern den Ton eines Thomas Bernhard leider nicht wirklich getroffen, so wird der Abend nicht lange in Erinnerung bleiben.