Life Magazin bei Rigoletto von Giuseppe Verdi

RIGOLETTO ODER WIE SEXISTISCH DARF OPER HEUTE SEIN?

ENDLICH WIEDER OPER! FAST BEI DER ERSTEN GELEGENHEIT MUSSTE ICH ZUSAMMEN MIT FREUNDIN WIEBKE DIE VOLKSOPER STÜRMEN. ANGEKOMMEN IN DER LOGE – DIE WIR DANK PANDEMIE IMMERHIN FÜR UNS ALLEINE HABEN – WERDEN WIR DARAUF HINGEWIESEN, DASS WIR DIE MASKE DIE GANZE ZEIT ÜBER AUF BEHALTEN MÜSSEN, „DA WIR JA NAHE AM ORCHESTERGRABEN SITZEN, UND SIE WISSEN JA, DIE AEROSOLE…“

Ja, wissen wir, die sind trotz Impfung und wöchentlicher Testung immer noch da und böse. Würde ich im Orchestergraben sitzen würde ich von den Menschen ober mir auch nicht angespuckt werden wollen, Corona hin oder her. Na gut, damit war also zu rechnen, auch wenn die Dame in der Nachbarloge das anders sieht und die Maske nur sekundenweise aufsetzt und stattdessen die eigenen Aerosole geschickt wegfächert.

 

 

Die Überschrift verrät, Rigoletto von Giuseppe Verdi steht am Plan. Wir vermuten, kulturaffin wie wir sind, dass es dabei um ein Liebespärchen geht und irgendwer am Ende stirbt. Um es genauer zu erfahren ergattere ich ein Programmheft, für das ich auch nur ein Stockwerk wieder runter muss, da aus Sicherheitsgründen, die am nächsten liegende Türe versperrt ist. Gott sei Dank ist endlich Sommer und die Lüftung in der Volksoper ist immer noch dieselbe, also keine. Daher ist mir unter der Maske gar nicht kalt.

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Life Magazin bei Rigoletto von Giuseppe Verdi in der Wiener Volksoper
© Volksoper Wien

Zeit um das Programmheft zu lesen bleibt keine, also geht´s uninformiert an den Start. Gleich zu Beginn fällt mir auf der Bühne der alte Mann mit Hosenträgern und Gehstock auf. Er scheint eine Nebenrolle zu haben und ich bin sofort begeistert von ihm, er singt echt schön! Und das für eine Nebenrolle. An dieser Stelle sollte ich noch erwähnen, dass ich es vorziehe die Musik auf mich wirken zu lassen und mich nicht so sehr auf den Text und den Inhalt konzentriere. Im Gegensatz zur echten Oper, also der Staatsoper, wird der Text aber sehr penetrant oben eingeblendet und man liest unweigerlich ein wenig mit.

Gegen Mitte des Stücks war dann auch klar, dass der furiose Nebendarsteller in Hosenträgern Rigoletto war und nicht der jugendliche Liebhaber, „Der Duca“, seiner Tochter. Na gut, wieder was gelernt. Dabei handelt es sich – Besetzungsliste sei Dank – um Boaz Daniel, der sein Debüt an der Volksoper Wien feiert, aber bereits seit 1998 der Wiener Staatsoper verbunden ist, an der er im Herbst 2000 in der Titelrolle als Don Giovanni debütierte. Als Franz in „Die Räuber“ habe ich ihn dann vermutlich schon mal gehört und gesehen, leider verpasst in „Der Mantel“ und „Hänsel und Gretel“. Meiner bescheidenen Meinung nach ist Herr Boaz ein großer Gewinn für die Volksoper. In der Rolle Rigolettos Tochter Gilda starb Rebecca Nelsen einen wunderschönen heroischen und völlig sinnlosen Tod.

Life Magazin bei Rigoletto von Giuseppe Verdi in der Wiener Volksoper
© Volksoper Wien

Wobei ich beim eigentlichen Thema angekommen bin: wie zeitgemäß ist es, dass ein Vater seine Tochter einsperrt, damit sie, die Blume, nicht geknickt oder gar gepflückt wird? Und sie sich dann opfert, damit der untreue Geliebte nicht gemeuchelt wird, weil der überfürsorgliche Vater von Rache zerfressen, den wunderbaren Stefan Cerny, alias Sparafucile, als Mörder engagiert. Zugegeben, die Handlung spielt in Mantua des 16. Jahrhunderts. Allerdings ist die Garderobe der Darsteller eine Mischung aus 1930er und 1970er Jahren, da kann ich mich nicht festlegen. Und im leider mitgelesenen Text wird von Hofstaat und Höflingen gesprochen. Es mag pingelig erscheinen, aber ich bin da eigen.

Life Magazin bei Rigoletto von Giuseppe Verdi in der Wiener Volksoper
© Volksoper Wien

Wenn die Handlung im 16. Jahrhundert an einem Fürstenhof spielt, dann hätte ich bitte auch gerne die entsprechende Garderobe. Will man innovativ sein, dann bitte auch mutig mit dementsprechend angepasster Handlung. Was bei Rigoletto vermutlich als Sakrileg gilt. Das ist aber wirklich mein einziger Kritikpunkt, denn das Orchester war im Übrigen auch grandios. Mein Tipp wäre also, sollte man so unbedarft sein und die Handlung nicht im Detail kennen, den Text bitte nicht mitlesen und das Ganze als Krimi zu sehen und mit zu rätseln was denn gerade passiert und wer wer sein könnte. Das macht den Musikgenuss dann auch noch spannend und man erspart sich die unnötigen Gedanken über den nicht zeitgemäßen Inhalt. So zum Beispiel habe ich noch nicht herausgefunden, wer den Fluch über Rigoletto ausgesprochen hat, von dem er immer so leidenschaftlich gesungen hat, und um was es sich dabei genau handelt.

Da habe ich wohl gerade nicht mitgelesen. Sich darüber den Kopf zu zerbrechen macht viel mehr Spaß als darüber nachzudenken, wie um alles in der Welt man als wunderschöne gepflückte Blume auf die Idee kommen kann, anstelle des untreuen Geliebten, sterben zu wollen. Tipp zwei, die Getränkedose die man selbst mitbringt weil das Buffet nicht offen hat auch wieder mitnehmen – die haben Namen und Telefonnummern! Also, vor der Sommerpause schnell noch in der Oper vorbeischauen, es lohnt sich!

Life Magazin bei Rigoletto von Giuseppe Verdi in der Wiener Volksoper
© Volksoper Wien

„Rigoletto ist eine Oper von Giuseppe Verdi, die 1851 am Teatro La Fenice in Venedig uraufgeführt wurde. Das Libretto stammt von Francesco Maria Piave und beruht auf dem Melodrama Le roi s’amuse von Victor Hugo (1832). Die Oper wurde zunächst von der Zensur beanstandet; Verdi und Piave mussten daher unter anderem den ursprünglich vorgesehenen Titel La maledizione ändern sowie den Schauplatz von Paris nach Mantua verlegen. Die für Verdi wesentlichen Elemente, wie die verkrüppelte Hauptfigur Rigoletto und der Sack, in den dessen sterbende Tochter gesteckt wird, blieben jedoch erhalten…“

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