Life Magazin, Ina Foscari, Florian Teich

Der Fall Florian Teichtmeister

DOPPELMORAL UND BEGRIFFLICHKEITEN

Wie aus allen österreichischen Medien zu entnehmen: der Burgschauspieler, Fernsehstar und Lehrende am Rainhardt Seminar, Florian Teichtmeister hat sich schuldig gemacht. Er hat seine Ex-Lebensgefährtin verprügelt, sie bedroht und so ganz nebenbei eine digitale Bibliothek des Grauens angelegt: Teichtmeister hat mehr als 50.000 Dateien an Abbildern von Kindesmissbrauch gesammelt. Nein. Es ist nicht Kinderpornographie. Es sind Bildwerke über missbrauchte Kinder.

Florian Teichtmeister hat sich schuldig gemacht. Er ist Täter. Er ist nicht Opfer seiner Veranlagung. Pädophilie ist eine abnorme Neigung des Sexuallebens oft in Verbindung mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Menschen mit dieser Neigung gebührt Mitleid, aber nur solange sie nicht zu Tätern werden. Ein pädophil veranlagter Mensch kann seine Neigung nicht verleugnen, sie ist nicht heilbar oder wegtherapierbar. Jedoch kann man lernen damit zu leben. Mit Hilfe einer Therapie. Es ist nicht jedermanns Sache zu goutieren, dass jemand zu Hause sitzt, mit Bildern im Kopf von Gewalt an Kindern und sich einen runterholt, es ist aber zu respektieren. Genau bis zu dem Punkt, wo der Geneigte diesen Weg verlässt, in dem er eine schädigende Handlung für andere setzt. Und sei es „nur“, indem er sich aus dem Internetz Bilder kauft. Ab diesem Zeitpunkt ist der kranke Mensch ein Straftäter, zu Lasten von hilflosen Kindern. Er gehört bestraft.

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Offenbar wird dies aber in Österreich anders gehandhabt. Die Kulturschikaria in diesem Land hat dieses Phänomen verleugnet. Es kann nicht sein, dass man jetzt so tut, als hätte man von nichts gewusst. Die Ermittlungen gegen den aus vielen TV-Formaten, bekannten Schauspieler laufen seit Sommer 2021. Anonymisiert wurden alle Details zu dieser Causa veröffentlicht. Viele Medien haben darüber berichtet, manche sehr neutral, andere, wie die Kronen Zeitung haben den Namen des Schauspielers anonymisiert, indem sie einen Rollennamen des Stars verwendet haben, das heißt, jeder, der ORF konsumiert oder Teil der Kulturlandschaft ist, konnte sich zusammenzimmern, wer denn damit gemeint ist.

Nun, der Herr Superstar, geadelt mit einer Vielzahl von Preisen, wurde auch nach diesen Artikeln noch viel beschäftigt und gebucht.

Jetzt wird betrauert, dass Produktionen, die eigentlich durch die Mitwirkung Teichtmeisters (finanziell) aufgewertet werden sollten, nicht mehr gezeigt werden und Teichtmeister aus der Burg geschmissen wurde.

Schaut man auf sozialen Medien ist es seit Bekanntwerden des Namens und der Taten des Schauspielers ruhig. Kein so gewohnter erhobener Zeigefinger von Anstand und Moral zu sehen. Man erregt sich vielmehr über Gaspreise oder Pinkelbilder, bewirbt eigene Produktionen usw. so, als würde das Thema Kindesmissbrauch nicht existieren.  

Nina Proll und Roland Düringer wurden medial hingerichtet, weil sie Meinungen abseits der Kulturclique vertreten haben, Frau Proll wegen ihrer Meinung zu „Me too“ und Herr Düringer wegen seiner Ansicht zur Coronaimpfung. Man hat sie in sozialen Medien deformiert, beschimpft und als „Rechte“ betitelt. Man muss die Meinung der Beiden nicht teilen, um das verwerflich zu finden, was man mit ihnen gemacht hat. Aber zum Thema Kindesmissbrauch durch einen angesehenen Schauspieler ist man ruhig. Und ja, Teichtmeister hat auch Taten abseits der Datensammlung getätigt. Er hat an seinem Arbeitsplatz minderjährige Schauspielerinnen fotografiert und daheim „hübsche“ Kollagen angefertigt.

Es ist anzunehmen, dass dies alles erst dadurch bekannt wurde, da ein Gerichtstermin, in Österreich sind Verhandlungen für gewöhnlich öffentlich, feststeht. Der Herr Strafverteidiger macht seinen Job gut, ist er doch ein bekannter Jurist und Verfassungsrichter, er versucht das Beste für seinen Mandanten herauszuholen. Er betont, dass sich Florian Teichtmeister seit Jahren in Therapie befindet (bitte, die zeitliche Abfolge von Ermittlungen und Therapiebeginn muss aufgeklärt werden), er „nur“ digitales Material gesammelt hat und niemals tätlich gegen Personen wurde.

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In unserem Land herrscht eine Doppelmoral. Nicht genehme Meinungen werden im Keim erstickt, man macht sich lustig, deformiert die agierenden Personen. Trifft es jedoch einen, der einer bestimmenden Clique angehört und jahrzehntelang seinem Trieb nachgegeben hat, völlig empathielos Opfern gegenüber, mehr als 50.000-mal, folgt Stille bzw. faule Ausreden.

Florian Teichtmeister mag ein genialer Schauspieler sein, das hat er ja bewiesen, er hat sich 2016 im Parlament hingesetzt und mitgewirkt als die Geschichten missbrauchter Heimkinder der 2. Republik vorgelesen wurden, mit tief betroffenem Gesichtsausdruck, aber Florian Teichtmeister ist auch ein nicht guter Mensch. Er hat 50.000-mal seinen Trieb gewählt und nicht die Therapiestunde. Teichtmeister ist ein gebildeter Mensch, er hätte Zeit gehabt zu reflektieren, sich Hilfe zu suchen. Er hat den Weg der Gewalt und Drogen gewählt.

Wer davon wusste, nur geahnt hat, was dieser Mann gemacht hat, ihn weiter unterstützt hat, indem er ihn engagiert hat, hat sich mitschuldig gemacht. Es wurde dem vermeintlich integren Mann die Möglichkeit geboten Bilder zu machen, seine Lüste auszuleben.

Diese Doppelmoral besteht nicht erst seit 2021. Nein, wir kennen dieses Phänomen. Wie gerne hat man sich, in bestimmten Kreisen mit Jack Unterweger gezeigt, sich solidarisiert? Genau, bis zu dem Zeitpunkt als er wieder Frauen ermordet hat.

Man hat sich auch gerne mit Otto Mühl umgeben, seine Kunst gezeigt. Wie muss es den Opfern ergangen sein.

Vielleicht ist der Fall Teichtmeister der Beginn einer Reinigung. Nicht von Florian Teichtmeister, nein, eine Reinigung der stillen Duldung. Wir dürfen einen Menschen mögen. Wir dürfen seine Kunst schätzen. Gleichzeitig müssen wir aber auch das Unrecht erkennen, dies Ansprechen und bei widerwärtigen Taten wie Kindesmissbrauch, auch anprangern und ächten. Kinder und Jugendliche sind der Teil der Gesellschaft, der am schützenswertesten ist. Kindesmissbrauch darf niemals pardoniert oder relativiert werden. Auch nicht, wenn wir den Täter mögen, er für uns ein Freund, Helfender oder Familienangehöriger ist.

Sebastian Brauneis hat nach dem „Standard“ Artikel von 13. September 2021, der Vorwürfe gegenüber einem bekannten Schauspieler thematisiert hat, Stellung bezogen. Er hat sich öffentlich, ohne den Namen des Beschuldigten zu nennen sowohl persönlich als auch beruflich von diesem Schauspieler distanziert, obwohl es 2019 eine Zusammenarbeit gegeben hat. Sebastian Brauneis hätten andere Folgen sollen, auch wenn das für das Burgtheater arbeitsrechtlich schwierig bis unmöglich gewesen wäre, so hat es jedoch viele andere Produktionen und Engagements für Florian Teichtmeister gegeben, die nicht sein hätten dürfen und moralisch hinterfragenswert sind.

Bis heute, 14.Jänner 2023 gibt es wenige Äußerungen zu diesem Fall, am wenigsten von jenen, die sonst laut ihre Stimme erheben.

Life Magazin, Manfred Cobyn

Chopin „Nocturne op.9 No.2“ - recommended by LIFE Magazin

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Chefredakteurin

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