Andreas Tischler, der smarte Star unter den Fotografen
Nach zwei abgeschlossenen Ausbildungen entschied sich Andreas Tischler in den Nullerjahren, sein Hobby zum Beruf zu machen. Sein Hobby waren nicht die Girls, sondern die Fotografie, die Anfang der 2000er Jahre digital und immer digitaler wurde. Die Zeiten änderten sich radikal: Schön langsam musste niemand mehr einen 35-mm-Film in einen Fotoapparat einlegen, den belichteten Film entwickeln und vergrößern lassen – Halleluja!
Musste man sich in den 90ern noch mit Chemie und Physik herumschlagen, erledigte nun eine Digitalkamera alles. Es folgte eine regelrechte Fotohysterie: Jeder, der sich eine moderne Kamera leisten konnte, war nun Fotograf, eine Ausbildung schien nicht mehr notwendig.
Andreas ging in jungen Jahren gerne aus, fotografierte seine Freunde und Erlebnisse und teilte die Fotos auf Szene-Plattformen, die damals ein Muss waren. Jeder wollte am frühen Montagmorgen sein Konterfei auf einer Partyseite sehen und an die eine oder andere Stunde erinnert werden, die nach einem herrlichen Wochenende vielleicht schon in Vergessenheit geraten war. Es war die Geburtsstunde der Partyfotografen, die von Club zu Club zogen, um alkoholgeschwängerte Stimmungen einzufangen. Nach 2–3 Jahren trennte sich jedoch die Spreu vom Weizen: Nicht jeder neue Fotograf schaffte die harten Wochenenden, die oft auch nicht bezahlt wurden. Der Lohn war freier Eintritt in angesagte Lokale, ohne sich lange anstellen zu müssen – ein Privileg ohne großen Wert. Eventuell gab es noch ein Freigetränk dazu.
Das war die harte Schule von Andreas Tischler. Dank seiner Disziplin hat er diese Schule erfolgreich durchlaufen und sein Handwerk als Fotograf erlernt. Eine Internetfirma wurde auf ihn aufmerksam, und endlich bekam er Geld für seine harte Arbeit und Zugang zur österreichischen Society-Szene. Er musste nicht mehr kostenlos betrunkene Partygäste fotografieren, sondern wurde von Zeitungen engagiert, um Prominente bei Festen abzulichten. Nun tauchte er erfolgreich in die Szene ein, die ihn schon immer interessiert hatte. Dank der Qualität seiner Fotos und seines untadeligen Verhaltens machte er sich bald einen Namen als Pressefotograf.
Er hat eine feine, technische Art, Fotos zu gestalten und Motive zu sehen, die ihn von anderen Kollegen abhebt, die dasselbe Motiv nur knipsen. In Wien gibt es viele Negativbeispiele für liebloses Fotografieren. Das hängt nicht von der verwendeten Kamera ab – manche können es, die meisten jedoch nicht.
Andreas Tischler kennt die ungeschriebenen Gesetze der Branche, an die sich viele Kollegen nicht halten. Wenn es in der Society-Szene privat wird, legt er seine Kamera weg und schweigt. Fotografen als Vorbilder hat er keine; er möchte den Stil anderer nicht kopieren. Eines liegt ihm aber am Herzen: Er möchte in seinem Job unabhängig sein. “Binde dich niemals an einen Verlag und mach dich von niemandem oder irgendetwas abhängig.” Da hat er recht!
Von sogenannten sozialen Medien hält er wenig. Manchmal postet er aktuelle Fotos, doch seine Zeit widmet er lieber wichtigeren Dingen, die das Leben ausmachen. Den Stress in seinem Job nimmt Andreas eher locker. Er raucht und trinkt nicht und bestimmt selbst, wie lange er den Beruf noch ausüben möchte. Doch eine kleine Macke hat er: Kaugummikauen. Seine Mutter ist ständig entsetzt, wenn sie ihren Sohn im Fernsehen kauend im Hintergrund sieht.
Jungen Menschen rät er davon ab, diesen Beruf als Society-Fotograf zu ergreifen. Es ist verdammt viel Arbeit und hat nichts mit selbsternannten Influencern zu tun. Vor allem muss man sich die Zeit nehmen, zu lesen. Lesen ist heute für viele eine lästige Angelegenheit. Man unterhält sich lieber in Zeichensprache, Gefühle werden mit einem Herzchen vermittelt, weil man nicht mehr in der Lage ist, Gefühle auszudrücken oder zu schreiben.
Ein Foto, ganz egal, wo es entstanden ist, ist für ihn: “Eine schöne Erinnerung an einen nie wiederkehrenden Moment. Man hält etwas für die Ewigkeit fest und stellt es allen Interessierten zur Verfügung – das ist doch etwas Schönes.”