Edgar Allen Poes „Der Untergang des Hauses Usher“ in einer eigenwilligen Koproduktion mit der Ruhrtriennale am Burgtheater
Wie heißt es immer so schön: Niemand wird zurückgelassen. Es schleicht sich nach dem Besuch der Premiere von Poes „Der Untergang des Hauses Usher“ aber genau der Gedanke ein. Was passiert mit dem Publikum? Kann der Zuschauer, also der Endverbraucher, da noch mit? Die Koproduktion mit der Ruhrtriennale gibt Rätsel auf.
Der Abend startet mit zähen quälenden Minuten in denen zwei Pianisten auf Konzertflügel Klänge aus der Minimal Music quetschen. Man betrachtet also mal die Bühne (Martin Zehetgruber), die vielversprechend eine Fabrikhalle simuliert und auf das Innere und Äußere des desolaten und zerbrechenden Usher-Haus verweist
In einer Gruppe eng zusammengedrängt – szenisch ein schönes Tableau –, trippeln die Schauspieler auf die Bühne (alle brillant: Jan Bülow, Debbie Korley, Annamária Láng, Katharina Lorenz, Michael Maertens und Markus Scheumann). Die Geschlechterrollen sind aufgehoben. Alle Protagonisten scheinen Männer.
Das wird sich im Laufe des Abends noch mehrmals drehen und in divers auflösen: alle sind auch Frauen, alle sind auch ältere Damen mit Rollatoren und jeder ist auch das was er ist. Zurück zur Anfangsszene und Höhepunkt des Abends. Edgar Allan Poes literarische Beschreibung über die Ankunft des Jugendfreundes im schaurig-gruseligen Haus bei dem schwer melancholischen Roderick Usher wird in deutscher, englischer und ungarischer Sprache von den Schauspielern erzählt.
Das gelingt gut und wird der Idee von Martin Kušej gerecht nicht nur die deutsche Sprache am Burgtheater zu feiern. Es steigt deutlich ein Gefühl der Unbehaglichkeit auf, so eindringlich ist die Beschreibung. Dieses Gefühl hält aus anderen Gründen an. Die nächste Stunde ist eine Abfolge an langsam dahingleitenden Szenen, die – stets auch auf Poes andere mordlüsterne Geschichten verweisend – immer tiefer in die Welt des Schriftstellers eindringen lassen.
Nur manchmal weiß man auch nicht vorauf verweisen wird. Der Handlungsstrang aus dem Usher-Stück wird immer wieder aufgenommen und man bekommt einen Eindruck von der tödlich-toxischen Beziehung der Usher-Zwillinge serviert, die selbstverständlich letal enden muss. Wenn es das Ziel von Regisseurin Barbara Fey war, Poes faszinierende Gruselwelt als großes Ganzes vor Augen zu führen, dann ist das gelungen. Diejenige, die hier versucht den Abend in Zeilen zu verpacken, ist allerdings nicht wirklich auf diese Reise mitgenommen worden.